Initiator Wolfgang Fehl

Interview mit Wolfgang Fehl
Thema: Von der Kirche zum Kulturzentrum

fehl wolfgang

Wolfgang Fehl, geboren 1937 und von da an dem Tal treu geblieben, hat eine Lehre zum Bankkaufmann absolviert, war Chormitglied & Presbyter in der Kantorei Barmen-Gemarke und gründete 1984 den Trägerverein Immanuelskirche e.V. und rettete die Kirche vor Verkauf oder Abriss. Er gab der Kultur und dem Chor Kantorei Barmen-Gemarke ein wundervolles Zuhause.


Wie war dein erster Kontakt mit der Immanuelskirche?

Ich bin aufgewachsen in der Sonntagstrasse (= nördliche Parallele zur Normannenstrasse) und habe schon frühe Erinnerungen noch in Kriegszeiten an den im Krieg zerstörten Gemeindekindergarten im Krühbusch und an Gottesdienste in der Immanuelskirche besonders zum 1. Weihnachtstag morgens um 6 Uhr. Anschließend an die Kindergottesdienstzeit wurde ich folgerichtig 1952 in der Kirche auch konfirmiert.

Wie entwickelte sich dein Verhältnis zu dieser Kirche im Laufe der Zeit?

Eine noch stärkere Bindung zur Immanuelskirche entwickelte sich bereits im April 1957 mit meinem Eintritt in die Kantorei Barmen-Gemarke. Für den damals erst 11 Jahre alten Chor erreichte dessen Gründer Helmut Kahlhöfer einen auch die Chormitglieder begeisternden Aufstieg durch viele Reisen, erste WDR-Aufnahmen: zunächst in Mono, dann zum Start der Stereophonie auch Schallplatten und selbstverständlich die Entwicklung einer ständigen Konzertreihe in der Immanuelskirche. Geprobt wurde im benachbarten Gemeindehaus (heute Obendiekhaus), dessen damals nahezu 100 Jahre alte Optik mir noch gut in Erinnerung ist.

Welche Personen aus dem Umkreis der Immanuelskirche sind für dich wichtig geworden?

Von den vielen sollte ich eine kleine Auswahl gerne in der zeitlichen Reihenfolge erwähnen, in der ich ihnen begegnet bin.

  • Mit Harmannus Obendiek (1894-1954), Pfarrer an der Immanuelskirche (1931-1951), und seiner Frau verbinden mich Erinnerungen aus den Kindergottesdiensten und den Unterrichtsstunden zur Vorbereitung meiner Konfirmation.
  • Bei der Kantorei ganz wichtig wurde mein guter Kontakt zu Helmut Kahlhöfer, der mich zu seiner Unterstützung 1978 ins Presbyterium der Gemeinde Gemarke wählen ließ.
  • Frau Leni Immer sowie die Pfarrer der Gemeinde Ernst-Dieter Schmitz und Wilhelm Burkert (der mit Gründung des Trägervereins dessen 1. Vorsitz übernahm) waren von Anfang an von der Idee einer besonderen Zukunft der Immanuelskirche überzeugt.
  • Ulrich Stephan, Oberkirchenrat in der Kirchenleitung Düsseldorf – vorher Superintendent Barmen, als treibende Kraft der Ausstellung „Barmen 1934-1984“, dem eigentlichen Startschuss für eine Zukunft der Immanuelskirche.
  • Horst Dieter Lang, Architekt und Baukirchmeister Gemarke, mit Vorschlägen und der Bauleitung zur 1. Umgestaltung der Kirche. Haften bleiben mir seine Karikaturen bei oft langatmigen Sitzungen, in denen die Immanuelskirche von Abrissbirnen bedroht wurde.
  • Wichtig wurde für mich auch die im alten Pfarrhaus wohnende Familie Becker. Willi Becker, wie ich ursprünglich Presbyter, war immer ansprechbarer guter Geist der Kirche z.B. bei der Überwachung der unsere Aktivitäten einleitenden Baumaßnahmen.
  • Last but not least wäre der der sich in der kritischen Zeit der ungewissen Zukunft gebildete Arbeitskreis in der Kantorei, der nicht nur meine Bemühungen unterstützt sondern dann die auch nötige Gründung des Kantorei e.V. getroffen hat.

Welche bedeutsamen Begebenheiten aus der Zeit der Umwandlung in ein Kulturzentrum kannst du erzählen?

Da war zunächst die in allem spürbare innere Unruhe in den Ortsgemeinden. Etwa ab den 70er Jahren wurden aufgrund der wachsenden finanziellen Sorgen durch schwindende Mittel Überlegungen angestellt, wie alle Gemeindedienste und durch welche Entscheidungen erhalten werden können. Es kristallisierten sich Vereinigungsbestrebungen für den Oberbarmer Raum heraus. Die Folge war eine Vielzahl von Besprechungen innerhalb der Gemeinden, mit den Nachbargemeinden, im Kirchenkreis und in Düsseldorf. Ergebnis war letztlich ein Vereinigungspapier, bei dem die künftige Behandlung der Immanuelskirche und der Kantorei Barmen-Gemarke bewusst nicht eingebunden war. Es enthielt die Entscheidung, als künftige Gemeindekirche der neuen Gemeinde Gemarke-Wupperfeld die alte Wupperfelder Kirche zu wählen. Für die Immanuelskirche wurde seitens des Kreissynodalvorstands bereits 1981 entweder die bereits in die Diskussion geworfene Idee eines kulturellen Zentrums oder aber ein Abriss erwogen. Klar war, dass Letzteres keine Lösung sein konnte. Das jedenfalls haben wir als den Start unserer Bemühungen um eine neue Zukunft unserer Kirche in Trägerschaft eines e.V. aufgegriffen. Hierbei haben alle direkt Beteiligten schnell begriffen, welch großes Wagnis wir mit diesem Vorhaben eingingen.

Was hat dich damals veranlasst, für den Erhalt der Immanuelskirche zu kämpfen?

Primär ging es darum, der damals in voller Blüte stehenden Kantorei ihre Arbeitsstätte zu erhalten. Erste finanzielle Überlegungen machten klar, dass dies natürlich nicht alleiniger Zweck unseres Unterfangens sein konnte, denn die Kantorei allein hiermit zu belasten, würde den Chor überfordern, war somit keine Lösung.  Wir haben diese Fragen auch öffentlich diskutiert mit dem ermutigenden Ergebnis, für die Kirche ein erstes Konzept für ein kulturelles Zentrum im Osten unserer Stadt mit einem breiter aufgestellten kulturellen Programm aufzubauen. Barmen hatte nach Zerstörung des Concordia-Saales bislang nur den Kulturort Opernhaus. Ermutigende Ideen kamen von vielen Seiten und führten zu ersten Umbauplänen, die durch das bereits erwähnte Vorhaben der Landeskirche, die Kirche für eine Ausstellung zu 50 Jahre Barmer Theologische Erklärung herzurichten, begünstigt wurden. Je 1/3 der Umbaukosten trugen die Altgemeinde Barmen-Gemarke statt der alternativ anzunehmenden Abrisskosten, die Landeskirche zur Herrichtung für Ausstellungszwecke und erste Spenden als Startkapital für unser neues Konzept. Öffentliche Anerkennung blieb nicht aus. So ergab sich irgendwann der Punkt, an dem für uns ein Zurückrudern nicht mehr möglich erschien.

Warum lohnt es sich auch heute, dieses Engagement fortzusetzen?

Weil in allen Punkten erkennbar ist, dass wir Positives erreicht haben. Es gab drei sich immer umfangreicher gestaltende Umbau- und Sanierungsphasen mit einem erheblichen Mitteleinsatz sehr vieler Beteiligter. Die Kirche zeigt sich heute mit ihrer besonderen Architektur und allen sichtbaren und unsichtbaren Ausstattungsmerkmalen als attraktiver und vielseitiger Veranstaltungsraum. Der Raum punktet mit einer besonderen Atmosphäre und vor allem im musikalischen Bereich mit einer hervorragenden Akustik. Er wird von Veranstaltern unterschiedlichster Kulturrichtungen und von jedem Publikum sehr gerne angenommen. Wesentlichen Anteil der positiven Urteile hat natürlich und vor allem unser sehr engagiertes Team vor Ort, denn auch bei uns gilt „der Kunde ist König“. Wir sind davon überzeugt, etwas für Wuppertal erreicht zu haben. Es war nie einfach, es gab Ärger und Rückschläge, aber auch Lob und Anerkennung. Diese Erfahrungen lassen nicht zu, das Erreichte wieder fallen zu lassen.