Stadthistoriker Heiko Schnickmann

Interview mit Heiko Schnickmann
Thema: Die Geschichte der Immanuelskirche

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Heiko Schnickmann, geboren 1983, ist freiberuflich als Historiker, Germanist und
Erziehungswissenschaftler tätig. Nebenher schreibt er Bücher und Aufsätze. Darin befasst er sich mit kulturhistorischen Themen zu Sprache und Interkulturalität sowie Tieren und dem Bergischen Land. Zudem ist er ab und zu auch ein gern gesehener Stadtführer.
Wir haben ihn anlässlich unserers Jubiläums Immanuel 150 I 35 interviewt.

 

Die Immanuelskirche wurde 1869 in Oberbarmen erbaut. Wie müssen wir uns heute das damalige Oberbarmen vorstellen?

Der Barmer Osten war im 18. Jahrhundert und bis in das 19. Jahrhundert hinein ein recht wohlhabender Teil Barmens, wenn auch noch recht dünn besiedelt. Das änderte sich erst ab den 1850er Jahren. Bedingt durch den technischen Fortschritt wuchs die Bevölkerung Deutschlands von etwa 35.000.000 Menschen um 1850 auf etwa 56.000.000 im Jahre 1900 an. Bis zur Mitte des Jahrhunderts lebten die meisten Menschen noch auf dem Land. Noch bei der Gründung des Reichs 1871 lebten nur 36 Prozent der Menschen in den Städten, 1910 waren es 60 Prozent.

Das Wupperthal war in dieser Zeit vor allem für Menschen aus Hessen, aus dem Waldeck oder dem Homburger Land, das Ziel. Die Entwicklung der Textilindustrie sowie die relative, seit dem 18. Jahrhundert bekannte Möglichkeit durch Arbeit und Ideenreichtum im Bergischen zu Vermögen zu kommen, lockte viele Menschen an, für die es auf dem Land kein Auskommen mehr gab. Diese Entwicklung zeichnete sich im gesamten Barmer Gebiet ab. In nur zehn Jahren, von 1860 bis 1870 wuchs die Stadt von 46.000 auf über 73.000 Menschen an, eine Zunahme von etwa 50 Personen pro Woche.

Das führte zu mehreren großen Herausforderungen. Die Fülle an Menschen, die bereit waren, für wenig Lohn zu arbeiten, sorgt in den Betrieben für hohe Gewinne bei gleichzeitiger Verelendung der Arbeiter. Das Bleichereigewerbe, Ursprung der Wupperthaler Textilindustrie, starb nahezu aus, die Bandwirker blieben, gaben aber ihre Selbstständigkeit auf, um weiterhin von ihrer Arbeit leben zu können. Die Verelendung hatte aber auch mit der Wohnsituation zu tun, denn es gab weder genug Häuser noch konnten in dieser Zeit schnell genug ordentliche Gebäude errichtet werden. Neue Konzepte führen zur Gründung der Barmer Baugesellschaft für Arbeiterwohnungen, die überall in Barmen kleine Fachwerkhäuser errichten lässt.

Bauherrin war die evangelisch-reformierte Gemeinde Barmen-Gemarke. Welche Bedeutung hatte diese Gemeinde und warum war die Immanuelskirche so wichtig?

Die Bedeutung der Gemeinde war enorm! Sie ist der Ursprung des Barmer Protestantismus. Als erste evangelische Gemeinde schaffte sie es, sich von den beiden Kirchengemeinden Schwelm und Elberfeld, zu denen die Barmer seit dem späten Mittelalter gehörten, zu lösen und 1702 eine eigene Kirche in der Mitte von Barmen zu errichten. Der Einfluss der reformierten Gläubigen auf Barmen war groß. Die erste Barmer Schule, die 1579 eröffnet worden war, war zwar ursprünglich allen Konfessionen offen gewesen, wandelte sich aber schon in den ersten Jahrzehnten zu einer von den Reformierten dominierten Schule, so dass Gemarke etwa den Lehrer stellte. Die Gemeinde ließ darüber hinaus in den 1720er Jahren eine weitere Schule direkt neben der Gemarker Kirche am Werth errichten, weil schon im Laufe des 18. Jahrhunderts eine Bevölkerungszunahme dies erforderlich machte. Beide Schulen wurden jedoch 1867 an die Stadt Barmen übertragen, weil die Gemeinde die Kosten für den Unterhalt nicht aufbringen wollte.

Mit der Errichtung eines Armen- und Waisenhauses 1831 am Beckmanns Hof in Barmen begann die Gemeinde recht früh mit diakonisch-sozialen Aufgaben in professionellen Einrichtungen. Im Zuge der Bevölkerungsexplosion wurde das Haus in den 1870er Jahren jedoch erweitert und an den nördlichen Rand der Stadt verlegt. Der Nachfolgebau ist heute der Gemarker Gemeindestift an der Hugostraße.

Das rasant ansteigende Wachstum Barmens machte sich auch in der reformierten Gemeinde bemerkbar. Zählte man 1863 rund 9.000 Seelen, so waren es zehn Jahre später bereits 12.000. Zwar ging die Zahl der Kirchgänger prozentual zurück, in absoluten Zahlen aber war die Gemarker Kirche für die neuen Gläubigen zu klein. Das machte den Bau einer zweiten Kirche nötig, die sich eben dort befinden sollte, wo viele Neubürger wohnten, in den Barmer Osten. Neben der neuen Immanuelskirche musste dringend auch eine dritte Pfarrstelle eingerichtet werden, was zudem den Bau eines neuen Pfarrhauses mit sich brachte, das in unmittelbarer Nähe der neuen Kirche stehen sollte. Der Bau der großen Immanuelskirche war auf die Zukunft gerichtet. Die Zahl der Gemeindeglieder wuchs gerade auch nach der Reichsgründung weiter an, so dass sie bis 1900 schon bei 20.00 angelangt war. Die Immanuelskirche bot diesen Gläubigen genug Raum für Gottesdienst und Gemeindeleben.

Die Immanuelskirche wurde in gerade mal zwei Jahren erbaut, für uns heute unvorstellbar. Wie war das damals möglich?

Wenn man es mit den Augen der Menschen von damals betrachtet, war es sogar recht langsam. Bei Baubeginn waren die Bauherren davon ausgegangen, den äußeren Bau der Kirche, deren Bau im Frühling 1867 begonnen wurde, bis zum Winter desselben Jahres fertig zu stellen. Tatsächlich ging der Bau der Immanuelskirche nämlich mit zahlreichen Pannen und Arbeitsausfällen einher. Der August des Jahres 1867 war aber bedingt durch zahlreiche Regenfälle und fehlende Arbeitskräfte als Baumonat ausgefallen. Eine Choleraepidemie sorgte für die Flucht zahlreicher Maurer, die von außerhalb ins Wupperthal gekommen waren. Die Verzögerungen im Bauvorhaben wurden Anfang Dezember 1867 durch einen Sturm weitergetrieben, der die Dacharbeiten unmöglich machte. Im Winter konnte nicht weitergearbeitet werden und so gingen die Baumaßnahmen im Frühjahr 1868 weiter. Nun gab es keine Probleme mehr, außer der Tatsachen, dass das Material zu langsam geliefert wurde. So war die Kirche im Oktober 1868 rein äußerlich fertig, so dass man dazu übergehen konnte, sich dem Innenteil zuzuwenden. Der Ausbau ging ohne Verzögerungen voran und so konnte dann im Mai 1869 die Kirche eingeweiht werden.

Aber der Grund für uns heute, über die Geschwindigkeit zu staunen, besteht im Prinzip aus drei Faktoren. Zum einen gab es zum damaligen Zeitpunkt weniger Vorschriften. Weder wurde beim Bau auf Arbeitsschutzmaßnahmen geachtet, noch mussten Auflagen des Brandschutzes, die es schon gab, in dem Umfang beachtet werden, wie es heute der Fall ist. Zum zweiten wurde nicht ein einziges Bauunternehmen mit dem Bau beauftragt, sondern viele einzelne Handwerker angestellt, mit denen die Kirchengemeinde Verträge abschloss. Das erlaubte eine flexible Handhabung im Falle von Bauverzögerung. Außerdem war klar, dass nur gezahlt wurde, wenn auch gearbeitet wurde. In manchen Verträgen der Zeit werden Architekten dazu verpflichtet, Kostensteigerungen aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Zum dritten, darf man die Motivation der Arbeiter und Bauherren nicht unterschätzen. Man griff bei solchen Bauvorhaben ganz oft zunächst auf lokale Handwerker zurück. Handwerker von außerhalb kamen erst dann hinzu, wenn es nicht genug Einheimische gab, die arbeiten konnten. Diese lokalen Handwerker waren oftmals Mitglieder der Kirche und das Errichten eines solch monumentalen Bauwerks erfüllt sie mit Stolz. Dann arbeitete man doch schneller als üblich.

Was wissen wir heute um das kirchliche Leben rund um die und in der Immanuelskirche?

Im Allgemeinen lässt sich in vielen Predigten in der Zeit des späten 19. Jahrhunderts beobachten, dass die Pfarrer einen Rückgang des Glaubens vermerkten. Aus Tradition war man zwar in der Kirche, aber die Überzeugung war nicht mehr vorhanden. Das hatte auch damit zu tun, dass bei Teilen der Arbeiterbewegung der Glaube kritisch betrachtet wurde und von dort eigene Institutionen aufgebaut wurden, die den kirchlichen entgegengestellt wurden. Dennoch stieg die Zahl der Gemeindeglieder, wie erwähnt rapide an. Die seelsorgerische Betreuung der Menschen konnte mit den beiden Pfarrstellen nicht mehr gedeckt werden, so dass neben der zweiten Kirche auch eine dritte Pfarrstelle errichtet wurde. Der Pfarrer sollte direkt neben der neuen Kirche wohnen, um vor Ort den reformierten Gläubigen zu helfen, wenn es nötig war. Mit neuem Pfarrer und nicht zuletzt durch den Bau der Immanuelskirche rückte das kirchliche Leben wieder in das Blickfeld der Menschen und so gab es neuen Schwung im Gemeindeleben. Beim Bau der Immanuelskirche war nicht nur ausschlaggebend gewesen, dass in der Kirche am Alten Markt zu wenig Platz war, sondern auch, dass durch die Präsenz zweier lutherischer Kirchen in Oberbarmen eine große Zahl der neuzugezogenen reformierten Gläubigen sich den lutherischen Gemeinden Wupperfeld und Wichlinghausen eher verbunden fühlten als der Gemeinde Gemarke. Der Bau der Immanuelskirche in unmittelbarer Nähe zur lutherischen Wupperfelder Kirche war somit auch ein Signal an die andere protestantische Konfession. Mit der Predigerwahl vom Frühjahr 1870 sollte, so erste Überlegungen, ein Schritt in Richtung Wupperfeld getan werden. In einem ersten Wahlgang wollte man einen lutherischen Pfarrer auf die reformierte Pfarrstelle befördern. Da der eingeladene Bewerber aber so sehr überzeugte, warben die Wupperfelder Lutheraner diesen Pfarrer für sich ab, mit dem Ergebnis, dass man sich in der Immanuelskirche wieder für einen reformierten Pfarrer entschied. Durch das gesamte Hin und Her der Wahl und noch einzelne Bewerber, die aber die an sie herangetretene Stelle nicht antraten, verzögerte sich die Wahl der Pfarrstelle an der der Immanuelskirche bis in den Dezember 1871, bis der neu gewählte Pastor Gotthilf Kind den Umzug aus der Schweiz nach Oberbarmen bewältigt hatte, verging noch einmal ein halbes Jahr, aber im Juli 1872 hatte die Immanuelskirche, drei Jahre nach ihrem Bau, endlich einen Pfarrer, der für fast 30 Jahre der Gemeinde treuen Dienst tun sollte.

Die sozialen Probleme, die durch die Hochindustrialisierung entstanden, hatten auch Auswirkung auf eben dieses Gemeindeleben. Selbst für drei Pfarrer war die Arbeit kaum zu schaffen, so dass man in Gemarke verstärkt auf den Einsatz engagierter Ehrenamtlicher zurückgriff, die sich etwa in einem Verein für junge Menschen organisierten, aus denen später der CVJM werden sollte. So wurde 1875 in Oberbarmen, wenn auch auf der anderen Wupperseite am Heidt, der Immanuelsverein gegründet. Trotz der räumlichen Distanz zeigt sich zum einen im Namen eine Nähe zur Immanuelskirche, zum anderen, dass der Nachfolger Pfarrer Kinds, Pastor Dick für 19 Jahre dem CVJM Immanuel vorstand.  Die Gründung eines eigenständigen reformierten CVJMs, denn seit Mitte des 19. Jahrhunderts gab es einen CVJM Wupperfeld, der aber lutherisch geprägt war, zeigt, wie sehr man in Oberbarmen bestrebt war, das eigene reformierte Profil gegenüber der lutherischen Gemeinde zu stärken, während man auf der gesellschaftlichen Ebene mit den gleichen sozialen und wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hatte.

Welche Bedeutung spielte die Immanuelskirche bei der Entstehung der „Barmer Theologischen Erklärung“ im Jahr 1934?

Bevor man über die Barmer Theologische Erklärung spricht, sollte man erklären, welche Bewegung ihr gegenüberstand. Schon vor 1933 hatten sich nationale Ideen mit christlichem Glauben verbunden und daraus eine Melange aus Schöpfung, Führer und Vaterland gemacht, die nach 1933 neuen Aufwind erhielt und auch die Kircheneintritte beflügelte. Auch in Wuppertal findet sich Spuren ihres Einflusses. Wenn es in einer Verlautbarung der beiden Wuppertaler Kirchenkreise etwa heißt, man begrüße „mit herzlicher Freude das Erwachen des deutschen Nation und die Erhebung unseres Volkes“ und man danke „Gott für die Männer, durch deren kraftvolles Handeln uns der neue Staat geschenkt wurde“, dann lässt es keine Zweifel offen, welcher Geist in den Kirchen wehte. Waren die nationalen Töne in dieser Erklärung für viele Menschen kein Problem, so  zweifelten doch einige an der nationalsozialistischen Ideologie dahinter. Das musste für Unstimmigkeiten sorgen, die den Machthabern nicht gefiel.

Eine angeordnete Kirchenwahl Ende Juli 1933 sollte für Ruhe sorgen und den Deutschen Christen die Mehrheit in den Gremien geben. In Gemarke weigerte man sich, diese im Prinzip von vornherein entschiedene Wahl mitzumachen und hielt stattdessen eine wirklich Wahl ab. Statt wie von der Regierung gewünscht, kamen nicht 75 Prozent Deutscher Christen in die Gemeindevertretungen, sondern lediglich 30 Prozent, während die restlichen 70 Prozent an die zweite Liste gingen, auf der Gemeindevertreter standen, die nicht den Deutschen Christen angehörte.

Von Anfang an war von Seiten der Pfarrer das staatliche Eingreifen in kirchliche Angelegenheiten als das größte Übel der Gemeindearbeit angesehen worden. Die immer wieder von den Deutschen Christen gemachten Versuche, ihre Position durchzusetzen, wurden daher von Seiten der Pfarrer durch ganz praktische Aufklärungsarbeit unterlaufen. Der Pfarrer der Immanuelskirche, Hermannus Obendiek, gab zusammen mit seinem Kollegen Humburg ein kleines Büchlein heraus, in dem er Aussagen der Deutschen Christen aufzeichnete und darstellte. Das Werk trug den Titel „Wahrheit gegen Irrlehre“ und war auch außerhalb der Gemeinde verbreitet.

Zum Neujahr 1934 wurden zwei Predigten in der Gemarker und der Immanuelskirche gehalten. Beide gingen in dieselbe Richtung und verteidigten den freien Glauben gegen den Einfluss der Deutschen Christen. Während die Predigt von Karl Immer in der Gemarker Kirche aufgrund ihrer Schärfe im Ton recht bekannt wurde, verbreitete sich die zweite von Harmannus Obendiek in der Immanuelskirche gehaltene Predigt erst nach und nach, war aber in ihrer Bedeutung für die Bekenntnissynode, die zur Barmer Erklärung von 1934 führen sollte, von nicht minderer Bedeutung.

Als es dann endlich zur freien Synode ohne Beteiligung der Deutschen Christen kam, war die Veranstaltung unter strenger Aufsicht durch die Behörden möglich. Die Masse an Teilnehmern sorgte dafür, dass nicht nur in der Gemarker Kirche diskutiert wurde, sondern an allen Orten, die zu Gemarke gehörten – auch im Pfarrhaus von Obendiek neben der Immanuelskirche. Obendiek war dann auch maßgeblich an der endgültigen Version der Abschlusserklärung beteiligt und blieb der Bekenntnissynode eng verbunden. Sein Versuch, eine antirassistische Verlautbarung von der Kanzel der Immanuelskirche zu verlesen, brachte ihm einige Tage Haft ein. Durch die Arbeit Obendieks spielte so die Immanuelskirche eine wichtige Rolle bei der Barmer Erklärung.

Hatte die Immanuelskirche Kriegsschäden durch die Bombardierungen zu verzeichnen?

Als zwischen 1943 und 1945 Bomben auf Barmen niedergingen, wurde Oberbarmen hart getroffen. Das galt für fast alle Kirchen dort. Bereits bei den Luftangriffen im Mai 1943 trafen die Bomben die lutherische Wupperfelder Kirche und zerstörten sie bis auf die Umfassungsmauern.

Die katholische Kirche St. Johann Baptist wurde 1945 dem Erdboden gleich gemacht und war unbenutzbar. Erst an Heiligabend 1950 konnte dort wieder eine Messe gefeiert werden.  Die Immanuelskirche jedoch blieb, bis auf eine Brandbombe, die schnell entsorgt werden konnte. Durch die Druckwellen der in der Nähe eingeschlagenen Bomben zerbarsten die Fenster der Kirche, allerdings sind auch viele erhalten geblieben, etwa an den Türmen und an den Türen. Die geringen Schäden führten nicht zu einem Ausfall der Gottesdienste und waren bis 1947 allesamt beseitigt.

Anfang der 80er Jahre trennten sich der evangelische Kirchenkreis und die Landeskirche von der Immanuelskirche. Was waren die Gründe dafür?

Der Grund für die Aufgabe der Immanuelskirche lag in der Fusion der reformierten Gemeinde Gemarke mit ihren lutherischen Nachbargemeinden. Es wäre ein leichtes, hinter einer solchen Fusion ausschließlich finanzielle Gründe zu sehen, aber tatsächlich gab es auch andere Überlegungen. Dazu gehörte zum einen die Tatsache, dass es seit dem 19. Jahrhundert unierte Kirchengemeinden gab, wie dies bei der Gemeinde Unterbarmen der Fall war. Darin wurde die gemeinsame Basis zwischen Luthertum und Calvinismus hervorgehoben und die Unterschiede eher klein gehalten. Das hatte auch Einfluss auf die lutherischen und reformierten Gemeinden, wie der oben geschilderte Versuch zeigt, einen lutherischen Pfarrer in Gemarke zu etablieren. Hinzu kam, dass Unionsgemeinden spätestens seit der Barmer Erklärung eine Grundidee des Protestantismus waren. Als in den 1960er Jahren die viel zu groß gewordene Gemeinde Wupperfeld aufgespalten wurde, gab es daher bereits Überlegungen, Gemarke mit den beiden lutherischen Gemeinden (Wupperfeld und Wichlinghausen) zu vereinen. Zwar passierte dies nicht, aber die Umbenennung der Gemeinde Wichlinghausen in „Evangelische Kirchengemeinde“ macht deutlich, dass diese Option seit diesem Zeitpunkt immer mitgedacht wurde.

Als dann durch sinkende Einnahmen in den 1970er Jahren und schrumpfende Mitgliederzahlen in Gemarke Überlegungen zur Zukunft der Kirchengemeinde angestrengt wurden, kamen diese Überlegungen wieder auf. Da die Gemarker Kirche im Zentrum des Alten Markts unangefochten war, blieb sie als evangelisches Gotteshaus im Barmer Zentrum stehen. Das Problem war, dass die Alte Wupperfelder Kirche und die Immanuelskirche zu nahe beieinander standen. Eine von beiden Kirchen musste aufgegeben werden. Die Wupperfelder Gemeinde hatte gute Gründe, darauf zu bestehen, dass die Wupperfelder Kirche die Bezirkskirche in Oberbarmen bleiben sollte. Zum einen war da ihre Geschichte als älteste Kirche in Oberbarmen und Namensgeberin für den Ortsteil Wupperfeld, zum anderen ihre Architektur als einzige im Barmer Osten erhaltene Fachwerkkirche. Schließlich kommt hinzu, dass Wupperfeld als die aufnehmende Gemeinde schon aus Prestigegründen nicht einfach ihr eigenes Gotteshaus für zwei Gemarker Kirchen aufgeben konnte. So musste man sich entscheiden, ob man die Immanuelskirche abreißen oder umwandeln wollte. Zum Glück entschied man sich, wenn auch nach langen Diskussionen für den Wandel zur Kulturkirche.